Nach Oben
Nach Oben

www.WeihnachtenSeite.de

Buchtipp

Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen

Unvergessene Weihnachten, Band 4

Unvergessene Weihnachten, Band 4Der Zeitgut Verlag sammelt bereits seit 1997 Erinnerungen von Menschen aus dem Alltag, die stellvertretend die Zeitgeschichte dokumentieren. Erlebte Geschichten zu Weihnachten, besonders aus der Kindheit, bleiben wohl jedem in Erinnerung.
Das ist wohl der Grund, aus dem jetzt der 4. Band "Unvergessene Weihnachten" mit 30 Zeitzeugen-Erinnerungen aus der Zeit von 1923 bis 1994 erscheint. Die Geschichten führen ins großbürgerliche Berlin-Grunewald in den 20er Jahren, auf den Afrikadampfer "Usaramo" 1935, auf den Marktplatz von Dülmen Anfang der 30er Jahre, zum Stollen backen nach Thüringen, ins KLV-Lager Hohenberg, oder nach Beeskow, wo auf einen NVA-Soldaten gewartet wird. Die Geschichten sind so verschieden wie die Menschen, mal heiter, mal traurig, die Erinnerungen an Geschehnisse zu Weihnachten scheinen besonders zu sein. Die ältere Generation erinnert sich lebhaft an die Weihnachtsfeste in den Kriegswintern, Entbehrungen, Ängste, Hoffnungen und doch ist da etwas Besonderes an diesem Fest.
Dieses Buch ist, wie die 3 Bände zuvor, unbedingt für Weihnachtsliebhaber die gerne Geschichten zu diesem Fest lesen zu empfehlen. Die Überlieferungen des Alltäglichen, aus allen Bevölkerungsschichten machen diese Bücher ethnologisch wertvoll.

Aus dem Inhalt:
Der Nikolaus ritt auf den Marktplatz von Dülmen - Weihnachten bei Dernburgs - Thüringer Schittchen - Der Irrtum des Nikolaus - Der doppelte Weihnachtsbaum - Wie wir Weihnachtsbäume "organisierten" - Det Christkind is der Palastmaxe - Weihnachten ohne Mama? - Der Weihnachtshase - Die süße Plünderung - Die große Enttäuschung - Mein Weihnachtsvergnügen.

Unvergessene Weihnachten, Band 4
30 Zeitzeugen-Erinnerungen 1923-1994
Originalausgabe
192 Seiten mit vielen Abbildungen, Ortsregister, Taschenbuch.
Zeitgut Verlag, Berlin 2007
ISBN: 978-3-86614-135-3, Euro 4,90
www.zeitgut.com

Bei Amazon bestellen!

Leseprobe:

Wie wir Weihnachtsbäume „organisierten“

von Ingrid Fimmel

Wie wir Weihnachtsbäume organisiertenDie erste Friedensweihnacht nach dem Krieg! Alle Waffen schwiegen nun schon seit einigen Monaten. Trotzdem waren es immer noch entbehrungsreiche Zeiten. Ich absolvierte das zweite Jahr meiner Ausbildung zur Krankenschwester im Martin-Luther-Krankenhaus in Berlin-Grunewald und arbeitete derzeit auf einer Inneren Männerstation.
Am 21. Dezember sagte unsere Oberschwester: „Kinder, in drei Tagen ist Weihnachten, und wir haben noch keine Weihnachtsbäume für unsere Krankenzimmer!“
Weihnachten wurde in diesem konfessionellen Haus immer besonders festlich und stimmungsvoll begangen. Jede Station schmückte ihre Räume so schön wie möglich. Auf allen Fluren hingen große Herrnhuter Adventssterne, und in jedem Patientenzimmer stand ein kleiner Weihnachtsbaum. Nur in diesem Jahr konnte man nirgendwo auch nur das kleinste Bäumchen auftreiben, und der Grunewald war kahlgefegt. Unsere Oberschwester hatte eine „zündende“ Idee. Eine zweite Schwesternschülerin, ein Pfleger und ich bekamen einige Matratzenschonbezüge, ein kleines Beil, ein Knäuel „Strippe“ – wie der Berliner Bindfaden nennt – und ein paar Groschen Fahrgeld in die Hand gedrückt und gesagt: „Ihr drei fahrt heute nachmittag mit der S-Bahn hinaus in Richtung Potsdam und seht zu, daß ihr in einem Waldstück mindestens zehn Tannenbäume ergattern könnt, die ihr in diesen Schonbezügen möglichst unauffällig ins Krankenhaus bringt.“
Wir mußten mit der Berliner Stadtbahn vom britischen Sektor Berlins in die russisch besetzte Zone fahren. Das war 1945 kein Problem. Die russischen Soldaten kontrollierten aber gelegentlich das Gepäck der Reisenden. Wir stiegen an einer kleinen S-Bahn-Station aus, die uns verheißungsvoll erschien. Doch die Bäume, die wir hier sahen, waren alle viel zu groß, um mit unserem kleinen Beil gefällt zu werden. Nach längerem Herumwandern gelangten wir zu einer kleinen Schonung. Dort lag – oh Wunder! – ein ganzer Stapel kleiner gefällter Kiefern. Es waren zwar nicht die gewünschten Tannen, aber besser als gar nichts!
Jetzt mußten wir ganz schnell handeln, denn wir wollten doch nicht erwischt werden!
Meine Mitschwester protestierte: „Das ist doch Diebstahl! Mein Vater ist Rechtsanwalt.“
Aber sie wurde überstimmt und wir packten in Windeseile zwölf Bäumchen ein, und ein besonders kleines steckte ich für mich mit ein. Wir hatten Glück und kamen wohlbehalten, ohne Kontrolle, im Krankenhaus an. Unsere Oberschwester war zwar etwas enttäuscht, weil es „nur“ Kiefern waren, aber als am Heiligen Abend in jedem Krankenzimmer die geschmückten Bäumchen aufgestellt und die Lichter angezündet waren, strahlten die Augen unserer Patienten mit den Kerzen um die Wette. Die größte Edeltanne der Welt hätte nicht mehr Freude bringen können.
Abends bekam ich dann zwei Stunden frei, um meine Mutter zu besuchen, die in der Nähe wohnte. Als einziges Geschenk hatte ich für sie das Bäumchen. Meine Mutter schenkte mir ein Paar Schuhe, eine Kostbarkeit in jenen Tagen. Sie waren häßlich und das harte Leder drückte, aber man konnte darin laufen. Sie hatte die Schuhe aus einer alten Ledermappe bei einem Schuster arbeiten lassen. Als Macherlohn erhielt er neben dem Geld Rauchermarken, die Mutter dafür aufgespart hatte. So feierten wir Weihnachten und waren dankbar, überlebt zu haben.
Langsam wurden die Zeiten wieder „üppiger“. Man konnte wieder Weihnachtsbäume kaufen und es gab auch wieder „richtige“ Geschenke, aber Weihnachten 1945 war schon ein ganz besonderes Fest.

Aus Unvergessene Weihnachten, Band 4, Zeitgut Verlag

 

Zurück zur Übersicht Buchtipps